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In Ecuador, the right to a good life and the rights of nature have constitutional status

31.07.2022 - Leon Heinrich und Valentin Erb
Hello everyone, today we are reporting to you one last time from our voluntary service. This is coming to an end at the end of August. In our last report we are talking about a very special thing, the so-called "Buen Vivir" or in English: the "good life". Perhaps one or two of you have heard of it before, because in 2008 Ecuador was the only country besides Bolivia to include the "Buen Vivir", or rather the "Sumak Kawsay", as it is called in Ecuador, in its constitution.
Photo: Valentin Erb
Aber was bedeutet das? Kennt das jeder hier und wie wirkt sich das tatsächlich aus? Damit setzen wir uns auch kritisch auseinander. 

Wie wir im letzten Artikel erwähnt haben, wird bei Permakultur die Natur respektiert und mit ihr zusammen, anstatt gegen sie gearbeitet. Oft wirkt es als hätten Bill Molison und David Holmgren, die den Begriff der Permakultur geprägt haben, neue, innovative Lösungen getroffen, um Probleme in der Landwirtschaft nachhaltig, effektiv und dennoch simpel zu lösen. 

Doch wenn man sich genauer mit konkreten Praktiken beschäftigt, fällt einem auf, dass diese alles andere als neu erfunden worden sind. Meist handelt es sich bei den in der Permakultur angewandten Ideen um schon lange praktizierte und erprobte Praktiken, die von unseren Vorfahren auf der ganzen Welt umgesetzt wurden. Die Permakultur macht es sich zur Aufgabe, das althergebrachte Wissen, was in einer kapitalistischen Welt gerade im Bereich der Landwirtschaft, wo alles um hohen Ertrag und schnellere Gewinne geht, schnell verloren geht, zu konservieren und erneut zu verbreiten. 

So gesehen sind viele Anwendungen in der Permakultur nicht neu, sondern nur einfach fast vergessen. Passend dazu wurde ein von uns bekannter indigener Permakultor gefragt, wo er denn Permakultur gelernt habe, obwohl er zu dem Zeitpunkt noch nie etwas von Permakultur oder Bill Molinson gehört hatte und lediglich das Wissen seines Großvaters praktizierte. 
In fact, the Andean worldview of the indigenous communities of South America includes a strong connection to nature, which can still be felt today. The so-called "Sumak Kawsay", Kichwa for "Buen Vivir" or in English "Good Life" in Ecuador describes a philosophy of life from the indigenous culture of the Andean region.

It is about living in harmony and balance: with yourself, with your social environment and with nature, Pachamama ("Mother Nature"). Unlike our capitalist lifestyle, a good life is not measured by material values. Rather, experience, knowledge, culture and cultural recognition, ethics and spirituality are the aim. It is not about having as much as possible, but rather having enough, but no more. Enough to live without destroying the balance. This way there is no misery, no excess and no exploitation.
Ebenso steht weniger das Individuum sondern vor allem die Gemeinschaft im Zentrum des Lebens. Erfahrungen werden geteilt um gemeinsam ein besseres Leben zu führen und zu lernen. Außerdem hat die individuelle Lebensqualität weniger Bedeutung als der Zusammenhalt, Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung. 

Auch die Beziehung mit der Natur ist anderes als in der westlichen Weltanschauung. Der Mensch ist der Natur untergeordnet und nicht andersherum. Man nimmt etwas und gibt es zurück. Das dadurch stark naturverbundene Leben ist durch Respekt und Wertschätzung geprägt. Durch dieses Geständnis zur Mutter Natur ist ein ständiges grenzenloses Wachstum, so wie es beispielsweise ständig von der deutschen Wirtschaft gewünscht ist, nicht möglich, da die Natur dadurch beschädigt, ausgebeutet oder zerstört wird. 
Foto: Valentin Erb
However, ever-increasing economic growth and development is not only not possible, it is also not desired, because there are no material values by which a "good life" is measured. In this context, Buen Vivir can be raised from the life principle of indigenous communities to a political level that represents an alternative to constant growth, development and, above all, capitalism in the Western sense, also on a global political and post-colonial level. Parallels can also be drawn to development-critical movements within the Western world, such as feminism, post-colonialism or the biocentric environmental movement.
Photo: Valentin Erb
 Hier in Caimito lässt sich das unserer Meinung aber nur bedingt finden. Ein individuellerer Lebensstil ist vorhanden. Das ist anders im Vergleich zu den indigenen Comunidades in der Sierra (in den Anden). Dort scheint uns das kommunale Bewusstsein und der Zusammenhalt spürbar stärker vorhanden zu sein. Das haben wir im Austausch mit anderen Freiwilligen in indigenen Gemeinden bemerkt. Das Buen Vivir wird selten als solches benannt. Doch stattdessen wird unbewusst danach gelebt. Auf unsere Nachfrage zum Buen Vivir konnte man uns hier im Projekt nicht weiterhelfen, da es für sie kein bekannter Begriff ist. Allerdings sind zum Beispiel Mingas, gemeinschaftliche Arbeitseinsätze, teil der Gemeindearbeit. Und der Begriff „Minga“ kommt aus dem Kichwa. Auch die finanzielle Unterstützung innerhalb des Dorfes ist vorhanden. Um dies zu vereinfachen haben sie eine eigene Bank. Der soziale Zusammenhalt ist jedoch nicht so stark ausgeprägt wie er uns in der Sierra immer wieder auffällt.
Und doch hat Ecuador seit 2008 als einziges Land neben Bolivien das Buen Vivir oder besser gesagt das „Sumak Kawsay“, so wie es in Ecuador genannt wird, in seine Verfassung aufgenommen. Dabei heißt es schon in der Präamel "Wir haben uns dafür entschieden, eine neue Art des bürgerlichen Zusammenlebens in Vielfalt und Harmonie mit der Natur zu formen, um das Buen Vivir, das Sumak Kawsay zu erreichen". So wird in der Verfassung konkret ein Recht auf eine gesunde Umwelt beschrieben und später wird die Natur selbst als Rechtssubjekt benannt. Sie hat so das Recht auf vollständige Regeneration, welches im Zweifel auch eingeklagt werden kann. Des Weiteren wird eine Plurinationalität, also der Akzeptanz verschiedener (Indigener) Lebensstile und Entwicklungswege, anerkannt. Es scheint so, als würde die Regierung einen sensationellen Schritt bezüglich des Umweltschutzes und der Anerkennung der indigenen Kultur machen.
Foto: Valentin Erb
From what we have heard, however, we must distinguish between the written constitution and reality. The wording of the constitution is open enough to allow for a great deal of interpretation. For example, under the guise of providing infrastructure for indigenous communities in the Amazon region, large roads were built that primarily serve the extraction and transport of oil. If you look at it that way, the rights of nature have been undermined with other constitutional sections of the Buen Vivir in the constitution, and Ecuadorian economic growth continues to be fed at the expense of nature. The promised improvement in indigenous life has also largely failed to materialize so far, as the ongoing environmental destruction caused by mining or oil production mostly occurs on the land of indigenous communities and/or contaminates or destroys it. The profits also usually do not end up with the population and do not serve sustainable development. Only recently, the miserable conditions in the country led to a national strike by the indigenous population that lasted around two weeks.

We found it a little difficult to write about Buen Vivir because we realized that it is a very complex topic. We do think that there is such a thing as the philosophy of "Buen Vivir". But every indigenous community lives its own way and there is therefore no concrete definition for it. What has been written is more of a generalization of various attempts to put the philosophy of life of various communities into words. Our personal opinion may have slipped through one or two times too :). But we invite everyone to find out a little more for themselves and browse around on the Internet!
Jetzt neigt sich unser Freiwilligendienst in Caimito langsam schon dem Ende zu. Wir haben die Zeit hier sehr genossen. Umrundet von Wald und rauer See durften wir ein Jahr das Leben der Gemeinde begleiten. Dabei haben vor allem wir viel gelernt: die Bedeutung der Familie, das einfachere Leben, sowie die harte Arbeit auf der Finca. All das hat uns sehr inspiriert und eine neue Perspektive auf unser Leben in einer westlichen Welt geöffnet. Viele kleine Dinge zeigen die Schönheit des Ortes. Sei es das Vogelgezwitscher, plötzlich gefundener Honig oder in der Ferne springende Wale. Aber genauso haben wir Probleme, Konflikte, Instabilität und Unsicherheiten der Menschen hier kennengelernt.

Wir beide haben noch nicht vor, direkt wieder nach Deutschland zu reisen und werden vorerst noch ein wenig in Südamerika unterwegs sein. Mal sehen was da auf uns zukommt!

Bis bald! 

Leon und Valentin
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