Organisationen wie MWF und die vielen Freiwilligen haben durch ihren schnellen Einsatz noch Schlimmeres verhindert. Wie gravierend die Folgen für die Natur und die Menschen sind, lässt sich aber noch nicht abschließend einschätzen. Insbesondere ist unklar, wie die als artenreichste Ökosysteme geltenden Korallenriffe, Seegraswiesen und Mangrovenwälder auf die Kontamination mit Öl reagieren. Auch kann keiner garantieren, dass die auf Ile aux Aigrettes verbliebenen Pflanzen keine Langzeitschäden davon tragen. Das Koralleninsel-Reservat weist zahlreiche Hohlräume auf, in denen sich das Meerwasser mit dem Grundwasser vermischen und den Boden kontaminieren kann. Dies kann letztendlich zum Absterben der dort endemischen Pflanzen führen.
Es steht ein langer Säuberungsprozess bevor, um den Lebensraum, die Gesundheit, Fortpflanzung und Nahrung bedrohter Tierarten sicherzustellen und für die Menschen eine Perspektive zu entwickeln. Jean-Hugues Gardenne, Fundraising & Communications Manager des MWF sagt hierzu: "Es gibt zwar noch keinen Hinweis über die Dauer der Aufräumarbeiten, aber die Auswirkungen dieser Ölpest werden mit Sicherheit noch lange zu spüren sein. Die Fischer in der Region sind stark betroffen, und derzeit sind die Anwohner entlang der Küste immer noch den starken Dämpfen und Gerüchen ausgesetzt. Mangroven, Korallen und das Meeresökosystem sind ebenfalls gefährdet, und die Auswirkungen auf den Tourismus, einer Säule unserer Wirtschaft, werden enorm sein. Die seit fast vier Jahrzehnten durchgeführten Naturschutzarbeiten auf der Ile aux Aigrettes stehen auf dem Spiel".
Wie geht es weiter? Welche Schlussfolgerungen sollte man aus der Ölkatastrophe ziehen?
Die Natur in Mauritius mit den vielen endemischen Arten war schon vor der Havarie des japanischen Frachters stark bedroht. Zu den Bedrohungen gehörten - wie in vielen anderen Ländern - zum Beispiel invasive Arten. Der NABU, deutscher Partner der MWF im internationalen Birdlife-Netzwerk weist in seinem Artikel
zum Beispiel auf den Dodo hin, ein großer flugunfähiger Vogel, dem das Einschleppen von Ratten und anderer Haustiere bereits Ende des 17. Jahrhunderts den Garaus machten. Aber auch der Tourismus, die Landwirtschaft und die Fischerei dienen nicht nur dem Einkommenserwerb der Einwohner, sondern stellen zugleich Bedrohungen für die Natur dar. Und jetzt kommen die noch nicht vollständig absehbaren Folgen aus der Ölkatastrophe hinzu.
Der NABU weist vor allem auf dringend erforderliche Anpassungen bei der internationalen Schifffahrt hin. Aber auch der Tourismus-Sektor und vielleicht auch wir alle sollten aus der Katastrophe aus dem August 2020 unsere Konsequenzen ziehen. Insgesamt wäre hier zu nennen:
Bessere Steuerung und Kontrolle der Schifffahrtsrouten, das heißt: Fracht- und Tankschiffe sollten Küstengewässer meiden und dort, wo das nicht möglich ist, sollte die Pflicht bestehen, einen lokalen Lotsen an Bord zu nehmen. Auch müssen andere Antriebsformen und andere Treibstoffe zum Einsatz kommen, damit Ölkatastrophen dieser Art vermieden werden.
Weniger und naturverträglicherer Konsum und Tourismus, das heißt: mehr Konsum lokaler Produkte, damit (internationale) Transportwege vermieden werden. Und zugleich Verzicht auf eine Form des Massentourismus, die mit Blick auf lokal verfügbare Ressourcen und die schützenswerte Flora und Fauna nicht nachhaltig ist.
All dies bedeutet nicht, dass Besuche im 'Naturparadies Mauritius' nicht mehr stattfinden können oder sollen. Aber wir wünschen uns einen respektvollen Umgang mit den Schätzen der Natur, in Mauritius und überall auf dieser Welt.