Nach meinem Tagestrip nach Odessa bin ich dann – wieder mit einem Nachtbus – nach Kiev gefahren, wo ich mit einigen meiner Mitfreiwilligen noch zwei weitere Tage verbracht habe. Kiev ist eine super beeindruckende Stadt – einmal, weil sie einfach riesig ist, vor allem aber, weil sie komplett anders war als jede andere Stadt, in der ich bisher war. Egal, wohin man geschaut hat, man hat immer zwei Sachen gesehen: riesige Plattenbauten in allen möglichen Variationen und die blau-gelben Farben der ukrainischen Flagge ebenfalls in jeglichen Variationen. Hinzu kommen Panzer, Portraits an Häuserwänden oder Gedenkstätten für Gefallene, die alle an die ukrainische Revolution und den (immer noch andauernden) Konflikt mit Russland erinnern.
Die ganze Stadt ist einfach extrem kontrovers. Es stehen imposante Kirchen und Klöster mit goldenen Kuppeln und Zwiebeltürmen neben grauen, halb verfallenen Plattenbauten und modernen Einkaufshäusern und obwohl die Stadt überfüllt ist mit Menschen, fühlt man sich beim Anblick der Überreste und Erinnerungen an die Revolution verloren und allein.
Vor allem auf dem Maidan zu stehen, war für mich ein ganz merkwürdiges Gefühl. Ich kannte diesen Platz ja bisher nur aus den Medien, zerstört, in Flammen, voller aufgebrachter Menschen und tragischen Schicksalen, aber ein paar Jahre später ist davon nichts mehr zu merken. Die umstehenden Gebäude wurden wiederaufgebaut, die Straßen repariert und alle anderen Spuren der Revolution verwischt. Und dennoch sind die Ereignisse der Vergangenheit stets präsent. Ich kann nicht wirklich in Worte fassen, was ich in der Zeit in Kiev gedacht oder gefühlt habe, aber auch dies ist eine Stadt, die ich auf jeden Fall einen Besuch wert ist.